Schlagwort: Rede

Zur Befreiung der Kleinstunternehmen von der Jahresabschlusspflicht

20. Mai 2010  Reden

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Ich werde mich in meiner Rede auf den absurdesten Antrag der drei Anträge konzentrieren, den Antrag, Kleinstunternehmen von der Jahresabschlusspflicht befreien. Dieser Antrag zeugt entweder von vollständiger Unkenntnis der wirtschaftlichen Realitäten in diesem Land, von einer abgrundtiefen Fehleinschätzung wirtschaftlicher Abläufe oder aber schlicht und einfach von einer Maßnahme des Herrn Kubicki für seine eigene Steuerberatungsfirma. Insgesamt handelt es sich um einen GAU, den größten anzunehmenden Unsinn.

Die Vorstellung, dass es einem Unternehmen schadet, einmal im Jahr Kassensturz zu machen, ist absurd. Viel mehr ist das, was von Kleinstunternehmen gefordert wird, ja gar nicht.

Mit dem vorliegenden Antrag propagieren Sie ein Geschäftsmodell, in dem ein Kaufmann aus vollem Laden verkauft, sich über die Einnahmen freut, diese für Gewinne hält und sich am Ende wundert, wenn der Laden leer verkauft ist und er dann keine Mittel mehr hat, um neue Waren einzukaufen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das setzt sich fort mit den angestrebten Änderungen im Handelsgesetzbuch. In den einschlägigen Paragrafen geht es um Buchführungspflichten, die Pflicht zur Aufstellung und Offenlegung. In § 241 a sind bereits Befreiungstatbestände formuliert.

(Zuruf von der CDU: Ganz schön viele!)

Die Wirklichkeit im Land ist doch so, dass es für diese Unternehmen bisher weitestgehend schon entbürokratisierte Verfahren gibt.

(Zuruf von der FDP: Welche denn jetzt?)

Diese sind auf das Wesentliche reduziert, nämlich dass ein Unternehmen weiß, wie es um sein Unternehmen steht.

Wir haben heute eine Situation, in der sich sehr viele Menschen selbstständig machen, auch aus dem ALG II, also mit staatlicher Unterstützung. Dies auch, weil die herrschende verfehlte Wirtschaftspolitik hochqualifizierte Menschen um ihre Lebenschancen in geregelten Arbeitsverhältnissen gebracht hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Diesen neuen Unternehmern wollen Sie also raten, nicht kaufmännisch zu handeln, nicht Rechenschaft abzulegen über Einnahmen und Ausgaben, nicht zu schauen, ob sich das, was sie da tun lohnt. – Schöne Wirtschaftsparteien sind Sie!

(Christopher Vogt [FDP]: Ja, danke! – Peter Lehnert [CDU]: Gern geschehen!)

Und noch etwas: Wenn es unterstützte Unternehmensgründungen gibt, wie sollen diese ohne die Führung von Büchern und Jahresabschlüssen denn irgendwann irgendetwas über Erfolg oder Misserfolg nachweisen? Soll der Fallmanager eine weitere Förderung nach Gefühl bewilligen, weil die schwarz-gelbe Koalition meint, diese Unternehmen müssten nichts dokumentieren?

(Peter Lehnert [CDU]: Hans-Jörn, bleib hier! Hier kannst du noch was lernen!)

Wer sind eigentlich die Adressaten Ihres politischen Handelns?

(Christopher Vogt [FDP]: Sie nicht!)

Wahrscheinlich sind es jene Kleinstunternehmer, die Ihren Parteien nahestehen und Ihnen die Ohren über zuviel Bürokratie, über den schlimmen Sozialstaat und zu hohe Steuern volljammern.

Die Wirklichkeit sieht aber so aus, dass Sie diese Leute lieber besser informieren sollten. Die Wirklichkeit sieht so aus, dass Sie sich nicht darin gefallen sollten, dieses Jammern auch noch zu unterstützen und diese Unternehmer dann wie kleine Kinder zu behandeln.

Wenn Sie einmal mit Kleinstunternehmern sprechen, die wissen, was ein Amt ist, was ein Telefon ist, die ganze Sätze sprechen können,

(Lachen bei CDU und FDP)

werden Sie erfahren, wie unbürokratisch unser Land ist und wie schnell Entscheidungen, die von existenzieller Bedeutung sind, gefällt werden. Sie werden bei Kleinstunternehmern Ihrer Couleur hören, dass diese deshalb niemanden einstellen, weil Krankheitsfälle bei den Mitarbeitern die Firma gefährden, weil das mit der Lohnfortzahlung so schlimm ist. Aber eigentlich müssten Sie ihnen dann sagen, dass es eine Umlagefinanzierung für diese Unternehmen gibt und dass sie nur 10 % der Lohnfortzahlung tragen müssen. Stattdessen verstärken Sie die Unwissenheit mit Ihrem Dauergeraune, das lautet: „Wir leben über unsere Verhältnisse.“

(Christopher Vogt [FDP]: Lars, wir setzen alle unsere Hoffnungen in dich!)

Noch ein letzter Gedanke:

(Unruhe)

Das Handelsgesetzbuch ist nach der sogenannten Langen Depression von 1873 bis 1896 entstanden. Es gab den Unternehmen Rechtssicherheit für ihr Handeln. In dieser Zeit entstand auch der Sozialstaat, also das, was Sie heute beides als lästig empfinden. Wenn Sie jetzt aus Kleinstunternehmen Black Boxes machen, zerstören Sie die erreichte Rechtssicherheit.

Vizepräsidentin Dr. Gitta Trauernicht:
Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Ihre Zeit ist abgelaufen! – Lachen bei der FDP)

Noch ein Satz! – Ihre Parteien stellen sich somit mit diesem Antrag in ein Ausplünderungsverhältnis zum Land. Sie belästigen die Allgemeinheit mit Ihren Anträgen, die der Wirtschaft die Grundlagen ihres Handelns entzieht. Oder wollen Sie Ihr Geschäftsmodell als Miet- und Kaufparteien auf die Wirtschaft übertragen?

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Europäischen Tag der Meere

20. Mai 2010  Reden
Björn Thoroe hält Landtagsrede

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Beide vorliegenden Anträge zum Europäischen Tag der Meere enthalten durchaus sinnvolle Anregungen, an beiden haben wir aber auch Kritik. Von daher würden auch wir eine Ausschussüberweisung durchaus begrüßen.

Auch DIE LINKE möchte die maritime Wirtschaft in Schleswig-Holstein stärken und die Schifffahrt umweltverträglicher gestalten. Werften in Schleswig-Holstein dürfen nicht pleitegehen, weil sie von den Banken im Stich gelassen werden. Dafür ist die Kieler Werft Lindenau – sie wurde schon genannt – ein aktuelles Beispiel. Volle Auftragsbücher und zaudernde Banken haben Lindenau jetzt doch in die Insolvenz getrieben. Und nicht einmal die mit Milliarden subventionierte HSH Nordbank will einspringen. Jetzt muss die Landesregierung einspringen und Anteile der notleidenden Werft übernehmen oder ihr Kredite geben.
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Zur Verankerung der „Schuldenbremse“ in der Landesverfassung

19. Mai 2010  Reden
Björn Thoroe hält Landtagsrede

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Ich spreche hier als ein Vertreter der jüngeren Generation, als ein Vertreter der Generation, die Sie so gern als Begründung für Ihre Schuldenbremse anführen.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Sie stellen die Zukunft meiner Generation unter einen Finanzierungsvorbehalt.

Was bei dem, was Sie hier beschließen, herauskommen wird, ist doch völlig logisch. Es wird dabei herauskommen, dass Unis und Schulen verfallen; es wird dabei herauskommen, dass Studierende und Schülerinnen und Schüler schlechter betreut werden; es wird passieren, dass Jugendclubs geschlossen werden; es wird passieren, dass Jugendliche auf dem Land nicht mobil sein können, weil nur zweimal am Tag ein Bus fährt. Und Sie verkaufen es als Wohltat – weil Sie ja sparen müssen -, wenn jugendliche Hartz-IV-Empfänger keine eigene Wohnung haben dürfen.
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Über Jugendoffiziere: „DIE LINKE möchte Friedenserziehung in den Schulen.“

19. Mai 2010  Reden
Björn Thoroe hält Landtagsrede

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Zu Beginn möchte ich ein paar kurze Sätze zum Antrag der SPD sagen. Er enthält ja ein paar gute Ansätze. Deshalb würde ich vorschlagen: Schicken Sie ihn an Ihre Kolleginnen und Kollegen in Rheinland-Pfalz! Dort wurde eine Kooperationsvereinbarung zwischen Land und Bundeswehr über den Einsatz von Jugendoffizieren in Schulen geschlossen. Dort hätte die SPD auch die Mehrheit, diesen Antrag zu beschließen. Sie müssten dann außerdem noch finanzielle Mittel für die Friedensorganisationen zur Verfügung stellen. Es wäre ein äußerst ungleicher Kampf zwischen Ehrenamtlichen aus der Friedensbewegung und psychologisch geschulten Jugendoffizieren.

Dass Jugendoffiziere in Schulen auftreten dürfen, ist aus unserer Sicht skandalös. Die Schulen haben eine Fürsorgepflicht, und Schulen sollten möglichst neutral Wissen vermitteln. Beides wird durch Auftritte von Jugendoffizieren oder das Planspiel POL&IS konterkariert.
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Zur Leiharbeit

17. März 2010  Reden

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Schon seit einigen Jahren erodiert in Deutschland das Normalarbeitsverhältnis. Immer weniger Menschen haben gute Arbeitsbedingungen und unbefristete Arbeitsverhältnisse. Immer mehr Unternehmen lagern Arbeitsbereiche aus und kaufen deren Leistungen bei sogenannten Personaldienstleistern zu. Personaldienstleister haben sich seit der Liberalisierung der Leiharbeit durch die erste rot-grüne Bundesregierung ausgebreitet wie eine Grippewelle. Der Druck durch die Hartz-Gesetze, so gut wie jeden Arbeitsplatz annehmen zu müssen, hat Leiharbeit gefördert.

(Beifall bei der LINKEN)

Erst die Agenda 2010 hat prekäre Arbeit im heutigen Maß möglich gemacht. Dass die SPD nun hier ihren Antrag stellt, zeugt von einem schlechten Gewissen. Wir erkennen den guten Willen an. Ich hoffe auch, wenn die SPD in ferner Zukunft mal wieder an die Regierung kommen sollte, dass sie sich an ihren Antrag erinnern wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Leiharbeit war in den vergangenen Jahren eine Wachstumsbranche auf dem Arbeitsmarkt. Wachstum ist jedoch kein Selbstzweck, und auch Arbeitsplätze sind kein Selbstzweck. Ein Arbeitsplatz, an dem Menschen schikaniert werden, ein Arbeitsplatz, an dem Menschen so schlecht bezahlt werden, dass sie von ihrem Einkommen nicht am gesellschaftlichen Leben teilhaben können, ein Arbeitsplatz, an dem Menschen bis zu 60 Stunden pro Woche im Schichtdienst arbeiten müssen, Arbeitsplätze, an denen Betriebsratswahlen verhindert werden – solche Arbeitsplätze brauchen wir nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Auftragsspitzen können ebenso gut mit Arbeitszeitkonten aufgefangen werden, die in schlechteren wirtschaftlichen Zeiten wieder abgebaut werden. DIE LINKE will guten Lohn für gute Arbeit. DIE LINKE will existenzsichernde Arbeitsplätze, von denen man leben kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Arbeitsplätze unter prekären Bedingungen sind nicht nur in Leiharbeitsverhältnissen weit verbreitet. Viele Unternehmen lagern ihre Beschäftigten in Tochtergesellschaften aus. Dort wird dann ebenso unmenschlich mit ihnen umgegangen. Auch deshalb haben wir unseren Änderungsantrag gestellt.

Zum Schluss möchte ich noch auf ein aktuelles Beispiel für schlechte Arbeit aus Kiel hinweisen; leider wird diesem in der Presse nicht die nötige Beachtung geschenkt. Es handelt sich um prekäre Arbeit im Druckzentrum der „Kieler Nachrichten“ in Wellsee. Dort stellen Firmen der Tabel-Gruppe mit 389 Teilzeitarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern die Produktion und Weiterverarbeitung diverser Zeitungen sicher. Der Stundenlohn beträgt 6,14 €. Hinzu kommt, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum großen Teil unregelmäßig eingesetzt werden und ihnen keine feste Stundenzahl garantiert ist. Wer auf das Geld angewiesen ist, ist zu Wohlverhalten erpressbar, sonst gibt es keine Schichten. Von dieser Disziplinierungspraxis wird bei der Tabel-Gruppe gern Gebrauch gemacht.

In Reaktion auf die nicht hinnehmbaren Arbeitsbedingungen gab es Bestrebungen, einen Betriebsrat zu gründen. Dieser ist mittlerweile installiert. Noch nicht einmal um mehr Geld ging es in erster Linie, die Beschäftigten wollten schlicht und ergreifend erst einmal menschlich behandelt werden. Das Ergebnis war ein Kündigungsschreiben an alle 389 Beschäftigten. Vorsichtshalber wurden bis zu acht Kündigungen an eine Person geschickt, um zu gewährleisten, dass zumindest eine davon vor dem Arbeitsgericht Bestand hätte. Zudem wurde den Beschäftigten mit einem Strafgeld von 250 € gedroht, sollten sie über ihren Fall öffentlich berichten.

Dieser Fall ist besonders brisant. Die SPD profitiert als Anteilseigner der „Kieler Nachrichten“ direkt von den in Sonntagsreden kritisierten Arbeitsbedingungen. DIE LINKE steht ohne Wenn und Aber an der Seite der Beschäftigten. Das wünschen wir uns auch von der SPD.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum Landesentwicklungsplan 2010 – 2025

17. März 2010  Reden

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Ein paar Anmerkungen zu den Vorstellungen von CDU und FDP möchte ich jetzt noch machen, die meiner Meinung nach zu wenig diskutiert worden sind. Ich finde die Ansicht der Regierungsfraktionen, dass weder motorisierter Individualverkehr noch öffentlicher Personennahverkehr bevorzugt behandelt werden sollte, sehr interessant. Das eigentliche Problem ist jedoch, dass man eine Gleichbehandlung zwischen diesen beiden Verkehrsarten erreichen muss.

(Zuruf von der FDP: Ja, das wollen wir auch!)

Ich finde es zynisch, zu befürchten, der ÖPNV würde zu sehr gefördert, wenn es in Schleswig-Holstein in kleinen Dörfern die Regel ist, dass einmal abends und einmal morgens dort ein Bus fährt. Im Landesentwicklungsplan müsste es darum gehen, wie öffentlicher Personennahverkehr überhaupt erst zu einer gleichberechtigten Alternative werden kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Es müsste darum gehen, wo stillgelegte kleine Bahnhöfe wieder geöffnet werden können, wie eine Ost-West-Verbindung im Schienenverkehr wieder oder überhaupt erst eingerichtet werden kann. Außerdem habe ich ein wenig die Befürchtung wegen der Überschrift „Energieversorgung nachhaltig sichern“ und der darauf folgenden Einschränkung „mit Augenmaß“. Ich denke, CDU und FDP wollen entweder eine Energiewende oder sie wollen sie nicht. Wenn im Landesentwicklungsplan steht, man wäre noch einige Zeit auf Kohlekraft angewiesen, dann ist das meiner Meinung nach keine ökologisch nachhaltige Politik.

(Beifall bei der LINKEN)

Zuletzt möchte ich noch einmal auf die völlige Freigabe für die Kommunen zu sprechen kommen. Natürlich wird es so sein, dass Speckgürtel an den Rändern von Städten davon profitieren werden. Natürlich wird es so sein, dass Familien nicht mehr in Kiel wohnen bleiben, sondern zum Beispiel nach Kronshagen oder nach Altenholz ziehen, aber trotzdem die Infrastruktur von Kiel nutzen.

(Zuruf des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU])

Der ländliche Raum dagegen wird wegen dieser Regelungen eher den Bach runtergehen,

(Lachen bei CDU und FDP)

weil Sie alle Regelungen freigeben und die Städte die kleinen ländlichen Gemeinden völlig dominieren werden. Mein Fraktionsvorsitzender hat schon darauf hingewiesen.

(Zurufe von der CDU)

Ich hoffe, Ihr Antrag wird in der Versenkung verschwinden oder grundsätzlich anders…

(Beifall bei der LINKEN – Wolfgang Kubicki [FDP]: Da muss ich Sie leider enttäuschen!)

Zum Tourismus im Wattenmeer

26. Februar 2010  Reden

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Ich selber war in meiner Kindheit öfter an der Westküste am Wattenmeer. Ich war sehr fasziniert von den Wattwürmern, den Prielen und vor allen Dingen von den Gezeiten. Ich möchte, dass alle Kinder die Möglichkeit haben, dieses unglaublich faszinierende Naturschauspiel zu erleben – und dies möglichst noch lange Zeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Dass das Wattenmeer nun vor nicht allzu langer Zeit Weltnaturerbe geworden ist, freut uns sehr. Mit dieser Auszeichnung ist vor allen Dingen eine große Verantwortung verbunden. Wir glauben allerdings, dass dies noch nicht alle hier begriffen haben. Wie wäre es sonst möglich, Mittel für FÖJ-Stellen zu kürzen? Ein Großteil der FÖJ-Stellen befindet sich an der Westküste. Die Menschen, die dort arbeiten, helfen mit, das Wattenmeer zu verstehen und zu erhalten.

(Beifall bei der LINKEN und SSW)

Der Hauptteil des Berichts befasst sich mit den Möglichkeiten, das Wattenmeer als Tourismusregion weiter voranzubringen. Vom Prinzip her ist das ein guter Ansatz. Es wird allerdings sehr schnell klar, wer an der Nordsee Urlaub machen darf und wer unerwünscht ist. Erwünscht sind laut dem von Roland Berger erstellten und hier beschlossenen Tourismuskonzept für Schleswig-Holstein sogenannte anspruchsvolle Genießer, Familien mit kleinen Kindern und mittlerem oder hohem Einkommen sowie Bestager. Zum besseren Verständnis: Bestager sind gut betuchte Menschen im Alter zwischen 50 und 70 Jahren. Für sie sollen je nach Wunsch Golfplätze, Hofkultur oder Reitgelegenheiten vorgehalten werden. Eher nicht erwünscht sind die anderen, zum Beispiel Rucksack- oder Fahrradtouristen sowie Familien mit niedrigem Einkommen. DIE LINKE hat ein anderes Verständnis von einem Tourismuskonzept. Wir wollen, dass alle Urlaub am Wattenmeer machen können.

Für Familien mit kleinem Einkommen wäre es zum Beispiel hilfreich, wenn sich die Landesregierung auf Bundesebene dafür einsetzen würde, dass Kuren von den Krankenkassen wieder leichter genehmigt und bezahlt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Region am Wattenmeer mit ihrer gesundheitsfördernden Nordseeluft wäre dies ein großer Gewinn. So könnten auch Familien mit niedrigem Einkommen am faszinierenden Weltnaturerbe Wattenmeer teilhaben.

(Beifall bei der LINKEN)

Außerdem könnten mehr günstige Übernachtungsmöglichkeiten für Schulklassen am Wattenmeer geschaffen werden. Dadurch würde die Teilhabe vieler junger Menschen am Weltnaturrerbe Wattenmeer gefördert. Um das Angebot für Rucksack- und Fahrradtouristen zu verbessern, wäre es gut, wenn mehr Übernachtungsmöglichkeiten für eine Nacht an der Westküste angeboten würden. Diese sind laut dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club in Schleswig-Holstein nicht in ausreichendem Maße vorhanden. Der Nebeneffekt dieser Maßnahme wäre, dass solche meist jüngeren Touristinnen und Touristen langfristig an die Region gebunden würden. Sie würden auch dann noch in der Region am Wattenmeer Urlaub machen, wenn aus Menschen mit kleinem Portemonnaie und großem Gepäck Menschen mit kleinem Gepäck und großem Portemonnaie geworden sind.

(Beifall bei der LINKEN)

DIE LINKE wird sich im Land stark dafür einsetzen, dass das Weltnaturerbe Wattenmeer für alle Menschen, egal ob arm oder reich, zu einer erschwinglichen Urlaubsregion wird, und darauf achten, dass schonender ökologischer Tourismus gefördert wird.

(Beifall bei der LINKEN)