Zur finanziellen Situation der Hochschulen

22. Februar 2012  Im Landtag, Reden
Björn Thoroe hält Landtagsrede

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

die Kultusministerkonferenz legte jüngst einen Bericht vor, in dem sie ihre Prognosen zur Entwicklung der Studienanfängerzahlen nach oben korrigiert. Auf Knopfdruck geht die Debatte los: Wir müssen die Ausstattung unserer Hochschulen verbessern! Wir müssen mehr Studienplätze schaffen!

Sie haben ja Recht.

Aber an einem Punkt möchte ich Ihnen doch die Suppe nachwürzen. Wenn wir über die Finanzierung zusätzlicher Studienplätze reden, dann müssen zwei Fragen geklärt werden:
Wie viel Geld berechnen wir durchschnittlich für einen Studienplatz? Und: wie viel kostet ein Studienplatz tatsächlich?

Sie werden nicht ernsthaft bestreiten wollen, dass die Hochschulen unterfinanziert sind. Allein die CAU hat ein strukturelles Defizit in Höhe von 10 Millionen Euro!
Und wenn Sie sich einmal die Mühe machen würden, sich die Berichte der Hochschulen anzusehen, dann müsste Ihnen allen doch schon VOR DER VERÖFFENTLICHUNG DER PROGNOSEN DER KMK aufgefallen sein, dass es in der Lehre massive Defizite gibt!

Es gibt zwei mögliche Erklärungen für die Defizite in den Hochschulhaushalten:
1.) Die Hochschulen können nicht mit Geld umgehen.
2.) Wir geben ihnen nicht genug Geld – sprich: die Hochschulen sind unterfinanziert.

Die Fakten sprechen für Letzteres.
Den Sonderbericht des Landesrechnungshofes dürften wir alle noch in Erinnerung haben. Dort heißt es auf Seite 20:
„Der Landeszuschuss ist von 1991 bis 2009 zwar von 4760 Euro auf 6070 Euro je Studierendem gestiegen. Der Zuwachs liegt aber mit 27,5% unterhalb der Inflationsrate von 40%. Preisbereinigt wendet das Land 2009 je Studierendem weniger Mittel auf als 1991.“

Und das ist nur ein Teil der Wahrheit! Tatsächlich gingen die Kürzungen an den Hochschulen bereits Ende der 70er Jahre mit dem sogenannten Öffnungsbeschluss los!

Wer sich die Zahlen ansieht, weiß, dass 1975 je eine Millionen Studierenden noch 1,26% des Brutto-Inlands-Produkts ausgegeben wurden. 2004 waren es gerade noch 0,42% – ein Rückgang um zwei Drittel!
Und das bei stetig steigenden Studierendenzahlen.

Nach einer Studie des Bunds demokratischer Wissenschaftler standen im Jahr 1999 970 000 ausfinanzierten Studienplätzen 1,9 Millionen Studierende gegenüber.

Die Hochschulen mussten diese Finanzierungslücke selbst auffangen. Und das taten sie zum Teil über die verstärkte Einwerbung von Drittmitteln, zum anderen Teil durch interne Umverteilung von Geldern.

Das führte dann dazu, dass bestimmte Fachbereiche geschlossen werden mussten: in Kiel war es zum Beispiel die Sinologie, in Flensburg will die Landesregierung jetzt die Wirtschaftswissenschaften wegrationalisieren um bis 2019 1,9 Millionen einzusparen.

Wir haben in einem eigenen Haushaltsentwurf 25 Millionen Euro mehr für zusätzliche Studienplätze eingerechnet!
Wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten, sich den überhaupt anzusehen, und nicht gleich alles als sozialistische Misswirtschaft bezeichnen was wir hier vorschlagen, hätten sie gesehen, dass diese Vorschläge alle gegenfinanziert waren.

Die Misswirtschaft betreiben Sie, denn das einzige, was Ihnen einfällt, sind weitere Kürzungen, Hochschulschließungen und die Konsequenzen müssen die Studierenden und insbesondere der prekarisierte Akademische Mittelbau ausbaden!
Und wenn Grüne, SPD und SSW uns Populismus vorwerfen, dann kann ich das nur an Sie zurückgeben!

Wie wollen Sie denn eigentlich die geforderten Mehrinvestitionen finanzieren, wenn Sie gleichzeitig die Schuldenbremse einhalten wollen?

Entweder das ist alles Wahlkampfgerede und Sie werden das tun, was Sie immer tun, wenn Sie regieren – nämlich nichts! Oder aber sie wollen Gelder im Haushalt umverteilen, dann sollten Sie allerdings vor den Wahlen sagen, wo Sie das Geld hernehmen wollen.

Wir sind ganz bei Ihnen, wenn Sie unnötige Ausgaben wie neue Wasserwerfer oder die Kosten für unmenschliche Abschiebehaftlager einsparen und umverteilen wollen. Aber das wird nicht reichen.

Wenn Sie es ernst meinen, müssen Sie an die Budgets für Gesundheit und Soziales ran und das macht DIE LINKE auf keinen Fall mit!

Wir haben ganz andere Vorschläge, die wir für wesentlich vernünftiger halten:

Wiedereinführung der Vermögenssteuer und eine Erbschaftssteuer, die den Namen verdient! Beides waren Steuern, die den Ländern zukamen. Mit deren Streichung entfielen Einnahmen, die ihren Teil zur prekären Haushaltslage beigetragen haben!

„Die Kosten für einen Studienplatz müssen endlich so angesetzt werden, dass sie einerseits die tatsächlichen Kosten für einen Studienplatz widerspiegeln und andererseits auch zu einer spürbaren Verbesserung der Lehrbedingungen führen.“

Das ist ein Zitat aus einem Beschluss der Juso-Hochschulgruppen, liebe Genossinnen und Genossen von der SPD! Dem können wir uns nur anschließen. Die Frage ist, ob Sie das können!

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